Steppen statt Däumchen drehen
ZO Bezirk Pfäffikon
FEHRALTORF. Sie wollen nicht bloss Respekt, sie wollen Bewunderung: Die Golden Age Steppers trainieren in Fehraltorf für ihren bevorstehenden Auftritt im Zürcher Kongresshaus.
LOREDANA SORG
«Bei den Golden Age Steppers kann ich meinen Jugendtraum ausleben», schwärmt Ursula Heiniger aus Bäretswil. Schon lange träumte die 66-Jährige davon, tanzen zu lernen. Sechzig Jahre lang konnte sie allerdings die Zeit dafür nicht aufbringen, Gelegenheit bot sich ihr ebenfalls keine. Mit den Golden Age Steppers, einer Gruppe aus Fehraltorf, in der vorwiegend über Sechzigjährige das Tanzbein schwingen, trainiert Ursula Heiniger nun aber nicht nur acht Mal pro Monat – sie geht auch mit auf Tournee. «Golden Age Steppers ist eine Auftrittsgruppe, die für verschiedene Anlässe engagiert werden kann», erklärt Marlies Wermelinger, Leiterin der Stepptanzschule in Fehraltorf. In den letzten Jahren traten die fitten Rentnerinnen und Rentner an verschiedenen Seniorennachmittagen, Gewerbemessen und Privatanlässen auf. Momentan trainieren die neun Frauen und drei Männer jedoch gerade für eine dreissigminütige Show im Kongresshaus Zürich. Mittwochs über Mittag feilt die Gruppe jeweils an den einzelnen Stücken. Teils zu zwölft, teils zu dritt bewegen sie ihre Beine so schnell, dass die Schritte nur durch den Rhythmus des Klackens ihrer speziellen Schuhe erahnt werden können.
Steppen ohne Hörgerät
Ebenso professionell sitzen bei den meisten das Lächeln und der stolze Blick ins Publikum. «Das Steppen erfordert grosse Konzentration», meint Marlies Wermelinger, «Dafür hält es geistig und körperlich fit.» Das bestätigen ihre Schülerinnen und Schüler einstimmig. Christina Büchi aus Pfäffikon fügt an: «Im Grunde bin ich ein totaler Sportmuffel. Aber Steppen macht Spass.» Als eine der wenigen unter Sechzigjährigen steht sie ihren Kollegen und Kolleginnen punkto Altersgelassenheit in nichts nach. Auch Irene Ott aus Pfäffikon sieht nebst der Freude am Tanz die praktischen Seiten ihres Hobbys: «Ich habe gelesen, dass ich bei einem halbstündigen Training pro Tag so viel essen kann, wie ich will.» Obwohl die Choreografien oft federleicht wirken, sind auch andere nach der Probe schweissgebadet. Das laute Geklacke auf den speziellen Bodenplatten stört hingegen niemanden – nur die Hörgeräte schalten ein paar ältere Semester aus. Felix Hüsser, ebenfalls aus Pfäffikon, steppt sogar eine Stunde täglich. Nebst den Golden Age Steppers besucht er noch eine weitere Tanzschule, wo er mit Zwanzigjährigen tanzt. «Von der Atmosphäre her merke ich keinen grossen Unterschied. Die Schritte und der Rhythmus sind wichtiger als das Alter», meint er. Obwohl Marlies Wermelinger bei ihren Choreografen dem Rücken zuliebe auf hohe Sprünge und den Füssen zuliebe auf Spitzentanz verzichtet, wirken die musikalisch und stilistisch abwechslungsreichen Stücke nie angepasst.
Zuerst für peinlich befunden
«Ich möchte nach einer Vorstellung vom Publikum nicht hören: Das war recht gut für Senioren», erklärt Wermelinger. «Sondern: Wow! Das war super, und erst noch von Senioren!» Laut den Tänzerinnen und Tänzern war dies bisher auch der Fall. Allenfalls hätten Bekannte erstaunt, nie jedoch negativ reagiert. «Meine Kinder sagten zuerst, ich sei peinlich mit den ausgefallenen Kostümen», lacht Christina Büchi. «Doch zur Aufführung erschienen sie dann doch alle.» Nicht nur die Bewegung, auch die grosse Kameradschaft schätzen die Steppers. Ein Vereinsleben mit Pflichtausflügen führen sie aber nicht. «Dafür haben wir ein zu grosses Freiheitsbedürfnis», meint Wermelinger. Entstanden sind die Golden Age Steppers nach einem Ad-hoc-Auftritt am Pfäffiker Dorffäscht 2006. Die Mehrheit ist noch heute dabei. Nur der älteste Schüler von Marlies Wermelinger, ein 83-Jähriger, und seine Frau treten nicht mehr regelmässig mit auf. Doch an Nachwuchs wird es der Auftrittsgruppe kaum mangeln. Die Lebensfreude, die von den tanzenden Seniorinnen und Senioren ausgeht, schwappt auf so manchen Zuschauer über.